Warum das mit den Windrädern nicht funktioniert

2016_09_27_uwe_windraederWarum das mit den Windrädern nicht funktioniert
von Dr. Uwe Freitag, Diplom- Physiker

Zurzeit besteht die einzige Möglichkeit, elektrische Energie in größerem Umfang zu speichern – und das auch nur indirekt – in so genannten Pumpspeicherkraftwerken. Solche Einrichtungen sind in Deutschland schon lange in Betrieb. Die älteste dieser Art ist das Werk Geesthacht bei Hamburg. In solchen Werken wird Wasser mit überschüssigem Strom aus einem Reservoir (z.B. unterer Speichersee) in einen höher gelegenen oberen Speichersee gepumpt. Bei Spitzenbedarf an Strom strömt das Wasser über ein Wasserkraftwerk zur Stromerzeugung wieder zurück.

Technische Daten des Werkes Geesthacht: 
Mittlere Höhendifferenz zwischen oberem und unterem Speichersee: 83 m (Der “untere Speichersee” ist hier die aufgestaute Elbe)
Dimensionen des oberen Speichersees: Oberfläche = 500 m x 600 m = 300.000 m², größte Tiefe = 14 m, Volumen = 3,8 Mio m³
Speicherfähigkeit: ca. 600 MWh. Damit kann man den Ausfall eines Atomkraftwerks für 26 Minuten, den eines Braunkohlekraftwerks für 36 Minuten überbrücken.

Die Frage ist, ob es möglich ist, solche Pumpspeicherwerke in Kombination z.B. mit Windstrom- Mühlen oder Fotovoltaik- Anlagen sinnvoll einzusetzen, so dass im Zusammenspiel eine kontinuierliche Stromlieferung möglich wäre auch wenn zu wenig Wind weht oder die Sonne länger nicht scheint.

Diese Frage müssten sich eigentlich die grünen Energiewendler stellen, die weder Atomkraftwerke, noch Kohlekraftwerke, noch andere Kohlendioxid erzeugende Kraftwerke wollen. Ich habe den Eindruck, sie stellen sich die Frage aber nicht nach dem Motto: Augen zu und durch, nach uns die Sintflut. Ich will am Beispiel einer kombinierten Anlage aus Windmühle und Pumpspeicherwerk untersuchen, ob das eine Möglichkeit ist, die konventionelle Stromerzeugung gänzlich abzulösen.

Man ahnt aber schon, wie die Antwort aussehen wird, wenn man sich die “Technischen Daten” des Kraftwerks Geesthacht anschaut: Die Speicherfähigkeit beträgt ca. 600 MWh, das ist die elektrische Energie, die ein Reaktorblock eines modernen AKW in einer knappen halben Stunde produziert. Ein Block eines modernen Braunkohlekraftwerkes braucht etwas länger dafür nämlich 40 Minuten.

Zunächst eine Vorbetrachtung:
Moderne Windstrommühlen haben eine Spitzenleistung von bis zu 5 MW (Megawatt) = 5000 kW (Kilowatt). Die tatsächlich abgebbare Leistung einer solchen Mühle schwankt extrem stark zwischen Null (kein Wind) und 5 MW (stärkster zulässiger Wind). Wird der Wind zu stark, schaltet sich die Anlage aus Sicherheitsgründen ab. Ich rechne mit einer durchschnittlich abgebbaren Leistung von 0,5 MW (10% der Spitzenleistung) gemittelt über 24 h für unsere Mustermühle.

Einige Vergleiche, damit wir ein Gefühl dafür bekommen, welche mechanische Leistungen man mit welcher elektrischen Leistung erzielt:
Die 16 elektrischen Antriebsmotoren eines ICE 3 der Deutschen Bahn haben zusammen eine Dauerleistung von 8 MW. Pro Zug sind also mindesten 16 solcher Mühlen notwendig, wenn der Zug 24h pro Tag fahren soll.
Die modernsten Atomkraftwerke in Deutschland haben Leistungen von 1.400 MW pro Reaktor. Ein Reaktorblock kann also 175 ICE 3- Züge rund um die Uhr antreiben.
Die modernsten Braunkohlekraftwerke haben Leistungen von ca 1.000 MW pro Block. Das reicht für 125 ICE 3- Züge.

1. Frage: Wie groß muss der Speichersee sein , um eine Kombianlage mit unserer Mustermühle zu errichten, die in der Lage ist, die durchschnittlich abgebbare Leistung von 0,5 MW kontinuierlich (also auch bei Windstille) bereitzustellen?

Antwort: Wenn wir unsere Mustermühle mit einem Pumpspeicherwerk kombinieren, dessen oberer See 100 m über dem unteren See liegt, dessen beide Seen 10 m tief sind, müsste jeder der beiden Seen 2.340 m² groß sein. Dabei ist vorausgesetzt, dass die durchschnittlich abgebbare Leistung von 0,5 MW auch tagtäglich rund um die Uhr zur Verfügung steht. Muss man z.B. 2 Tage Windflaute berücksichtigen, müssen die Seen doppelt so groß sein, bei 3 Tagen dreimal so groß usw., um zu verhindern, dass der obere See leerläuft, was dazu führen würde, dass die Anlage nur noch 0% – 50% der zugesagten Leistung bereitstellen könnte.

2. Frage: Was braucht man, um z.B. ein Braunkohlekraftwerk, das kontinuierlich und konstant 1.000 MW elektrische Leistung abgeben kann durch eben beschriebene Kombianlagen zu ersetzen, die zusammen das selbe können?

Antwort: Ca. 2.000 Mühlen und Seen, die 10m tief sind und eine Gesamt- Oberfläche von ca. 9,4 km² haben. Dabei ist vorausgesetzt, dass ausnahmslos jeden Tag so viel Wind weht, dass die Speicher nicht leer laufen. Muss man 2 Tage überbrücken, müssen die Speicher doppelt so groß sein, müssen 3 Tage…(s.o.)

3. Frage: Ende 2015 war in Deutschland eine Mühlenleistung von 40.000 MW installiert. Wollte man alle diese Mühlen mit unseren Muster- Pumpspeicherkraftwerken koppeln, wie groß wären die erforderlichen Seen insgesamt?

Antwort: Es wären Seen mit einer Gesamtfläche von ca. 37 km² notwendig bei einer Tiefe von 10m. Die installierte Mühlenleistung von 40.000 MW klingt imposant, es ist aber zu bedenken, dass die kontinuierlich abgebbare Leistung nur 10% der installierten Leistung beträgt, also nur 4.000 MW. Das leisten 4 Braunkohlekraftwerksblöcke oder 3 Atommeiler.

4. Frage: Wie sähe es aus, wenn wir unseren gesamten Strombedarf durch unsere Muster- Anlagen abdecken würden?

Antwort: Wir müssten über die gesamte Fläche Deutschlands im Abstand von 1,5 km in alle 4 Himmelsrichtungen jeweils eine unserer Mustermühlen aufstellen. Die Nabenhöhe solcher Gebilde liegt bei ca. 150 m (Turmhöhen des Kölner Doms), die Gesamthöhe beträgt ca. 200 m! Die zugehörigen Seen hätten eine Oberfläche von ca. 692 km² bei 10 m Tiefe. Zum Vergleich: Der Bodensee hat eine Oberfläche von ca. 540 km² und eine mittlere Tiefe von ca. 90m.

Nächste Frage: Sähe es besser aus, wenn wir Fotovoltaik- Anlagen mit Pumpspeicherwerken koppeln würden?

Antwort: Nein.
Dazu mehr demnächst.

Fazit:
Trotz dieser trüben Aussichten sollten wir nicht gegen Windenergie- oder Fotovoltaikanlagen sein, weil wir damit auf den erbitterten Widerstand der grünen Ideologen und der mächtigsten Lobby treffen. Ideologen kann man nicht überzeugen, Lobbyisten nur übers Geld. Deswegen sollten wir offen für den Einsatz von Wind- und Solarenergie eintreten, aber die Subventionen einstellen (d.h. das EEG streichen) und eine Anlage nur dann genehmigen, wenn nachgewiesen wird, dass sie in der Lage ist, kontinuierlich eine bestimmte Leistung bereitzustellen. Für Altanlagen, für die dieser Nachweis nicht erbracht werden kann, sollten Restlaufzeiten festgelegt werden, nach deren Ablauf die Anlagen abgebaut werden müssen.
Der Rest regelt sich dann von ganz alleine über die betriebswirtschaftlichen Zwänge, aufgrund des Widerstandes in der Bevölkerung insbesonder auch der Naturschützer, die wollen nämlich keine Speicherseen.

Es ist nicht Aufgabe der Politik vorzuschreiben, was betriebswirtschaftlich sinnvoll ist und was nicht.

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